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Inklusive Literatur-Pädagogik – wie geht das?

Dr. Nicole Goudarzis literaturpädagogische Schwerpunkte sind inklusive Schreibwerkstätten, barrierefreie Literaturveranstaltungen und alternative Zugänge zur Literatur. Sie entwickelte das Konzept der „Basalen Aktionsgeschichten“ als sensorische Vorlese- und Mitmachgeschichten für Kinder mit komplexen Behinderungsformen und veröffentlichte einen inklusiven, barrierereduzierten Jugendroman.

An der Akademie der Kulturellen Bildung gibt es seit 2024 die Fortbildungsreihe „Inklusive Literaturpädagogik“. Was verstehst du unter diesem Begriff?

Inklusive Literaturpädagogik ermöglicht Menschen mit und ohne Behinderung Begegnungen mit Literatur. Grundlage hierfür sind Wissen und Sensibilität hinsichtlich der unterschiedlichen Bedarfe, die ein heterogenes Publikum mit sich bringt. In der Fortbildungsreihe entwickeln die Teilnehmenden gemeinsam Ideen und erproben Methoden und didaktische Werkzeuge, um Zugangsbarrieren zu erkennen und Stück für Stück zu reduzieren.

Welche Vorurteile gibt es gegenüber der Inklusion bei literarischen Angeboten?

Zu teuer, zu aufwendig, zu schwierig. – Aber ich erlebe auch viele Menschen, die dem Thema sehr offen gegenüberstehen. Ersetzen wir „Vorurteile“ durch „Unsicherheit“. Ein Beispiel: Ich möchte ein inklusives Bilderbuchkino anbieten. Aber dann werde ich unsicher: Was ist mit Kindern mit Sehbeeinträchtigung? Was mache ich mit Kindern, die viel Bewegung brauchen? Eine Veranstaltung, in der alle laut und wild sein dürfen, ist für manche Kinder ein wunderbarer Zugang zu Kulturangeboten. Für ein Kind mit Hochsensibilität oder Autismus, das Umgebungsreize weniger gut filtern kann, stellt es aber oft eine Reizüberflutung dar. Es gibt nicht immer die eine inklusive Lösung für alle. Aber es gibt Schwerpunkte, Methoden und Verfahren, auf die sich Veranstalter*innen konzentrieren können, damit sich bestimmte Zielgruppen eingeladen und willkommen fühlen.

Wie schnell passiert es, dass Veranstalter*innen oder Literaturpädagog*innen selbst in Fettnäpfchen treten, obwohl sie inklusiv denken und handeln möchten?

Mein Motto: Lieber in ein Fettnäpfchen treten und für den nächsten Schritt daraus lernen, als immer nur auf der Stelle treten. Wichtig ist, mit Menschen mit Behinderung in den Austausch zu kommen, sie zu fragen, was sie sich wünschen oder was sie von einer Teilnahme an einem Angebot abhält. Dieser Dialog ist anfangs nicht einfach, weil unsere Gesellschaft noch sehr segregiert funktioniert. Aber es gibt Vereine und Verbände, die hierbei unterstützen. Und auch in den Kursen unserer Fortbildungsreihe findet dieser Austausch statt. Zu jedem Kursbaustein lade ich Gastreferent*innen ein, die im Kulturbetrieb aktiv sind und selbst eine Beeinträchtigung haben.

Welche Fehler bei der Planung inklusiver Literaturveranstaltungen lassen sich leicht vermeiden?

Der größte Fehler ist, nicht anzufangen. Inklusion sollte alltäglich und selbstverständlich sein, aber viele Menschen haben noch Sorge, etwas falsch zu machen. Im Kurs entwickeln wir gemeinsam kleine, pragmatische Lösungen, die die Initialzündung liefern, um immer mehr Barrieren zu verringern.

Was kann jede*r tun, um literaturpädagogische Projekte barrieresensibel zu gestalten?

In kleinen Schritten denken. Sich über die verschiedenen Zielgruppen informieren. Welche Fähigkeiten bringen sie mit? Welche Bedarfe gibt es? Wo bestehen Zugangsbarrieren – sachlich, organisatorisch, inhaltlich? Einzelne Barrieren heraussuchen und überlegen, wie sich diese minimieren oder eliminieren lassen. Ausprobieren, umsetzen und überlegen: Was hat funktioniert? Was verändere ich zukünftig? So entsteht Schritt für Schritt ein inklusives Literatur- und Begegnungsangebot.

Interview: Sascha Pranschke

→ Kurs-Tipps: Qualifizierung Inklusive Literaturpädagogik und „Texte (er)leben und erzählen“ 19.11. – 21.11.2025