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Stop! In the name of love

„Stop! In the name of love“ – in dem Song der Supremes aus dem Jahr 1965 fordert eine Person eine andere auf, damit aufzuhören, sie zu verletzen. Heute könnte die Beziehung, die sich in den Lyrics widerspiegelt, vielleicht als „toxisch“ beschrieben werden. Ein Verhältnis, in der ein Mensch trotz des Mangels an Wertschätzung und Respekt im Umgang miteinander viel Energie in den Kampf um die vermeintliche Liebe steckt, anstatt gesunde Grenzen zu ziehen.

In den vergangenen Jahren hat sich auch der Begriff der „Resilienz“ als eine erstrebenswerte Anpassungsfähigkeit durchgesetzt, um krisenfest durch die (Arbeits-)Welt, mit all ihren Herausforderungen, zu steuern. Eine Schlagseite wird jedoch oft übersehen, nämlich dann, wenn Resilienz Teil unserer gesellschaftlichen Optimierungsfalle wird. Wenn sämtliche Bemühungen, sich anzupassen, der Veränderung misslicher Strukturen vorgezogen wird. Was aber, wenn Widerstand und „Störungen“ wie Klima-Aktivismus, Demonstrationen und Streiks vielmehr gesunde Reaktionen auf ein schädliches Umfeld sind? Wie auch „auffällige“ Kinder und Jugendliche, Quiet Quitting, gehäufte Krankmeldungen und psychische Erkrankungen von Menschen, die körperlich, seelisch und emotional mit der Komplexität und dem Tempo unserer Multirealitäten nicht mehr Schritt halten können – und wollen?

Welche Rolle kann hier die Kulturelle Bildung einnehmen und wie steht es um die Widerständigkeit als kulturelles Bildungsziel? Im Zuge aktueller Diskurse im Beziehungsgeflecht von Politischer Bildung, Demokratiebildung und Kultureller Bildung wird deutlich, dass es zunehmend Aufgabe der kulturellen Bildungsarbeit ist, demokratische Freiräume und künstlerische Denkräume zu schützen. Kulturelle Bildungsarbeit dient dazu, kritische Haltungen, Selbstwirksamkeit und Selbstbestimmung als Grundlage nicht nur einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung, sondern auch eines demokratischen Miteinanders zu fördern. Vorstellbar sind auch Räume, in denen Möglichkeiten des konstruktiven Widerstands, des friedlichen Protests und des Empowerments ebenso ausgelotet werden dürfen wie Schutzräume, Safe Spaces, die für Grenzverletzungen sensibilisieren und diesen entgegenwirken.

Doch neben all dem braucht es auch Räume der Entschleunigung, in denen authentischer Kontakt, achtsame Präsenz und Verbundenheit gelebt werden können. Wo sich Gemeinschaften im gestalterischen Tun und respektvollen Miteinander bilden, wo sinnliche Erfahrungen in Konkurrenz treten dürfen zu unseren kognitiven Fähigkeiten und politischen Bestrebungen.

„Stop! In the name of love“ ist nicht nur der Aufruf zu Widerstand, Protest und Abgrenzung als selbstwirksame Strategien gegenüber menschenfeindlichen Strukturen und Gesinnungen. Der Appell impliziert quasi davor noch, als Grundlage und Nährboden einer zutiefst menschlichen Haltung, ein Aufhören im Sinne des Aufhorchens. Es braucht Räume, wo wir aufhorchen dürfen und können.

Autor*in: Jari Ortwig