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AI cuts to the heart of how we live – transatlantisches Manifest gegen die hegemoniale Macht der Tech-Monopole

Künstliche Intelligenz, prädikative Technologien und datengetriebene Geschäftsmodelle beeinflussen, wie wir arbeiten, lieben, konsumieren, verkaufen, kommunizieren, uns treffen und navigieren. Sie bergen neue Risiken für die nationale Sicherheit und demokratische Institutionen, die Würde des Einzelnen und das menschliche Wohlergehen. Den Bürger*innen und ihren gewählten Repräsentant*innen fehlen noch immer die Mittel, um diese Technologien zu kontrollieren und ihre Entwickler*innen und Anbieter*innen zur Verantwortung ziehen zu können. Unterdessen haben die Tech-Unternehmen ihre wirtschaftliche Macht dazu genutzt, um sich einer sinnvollen, unabhängigen Aufsicht und Regulierung zu entziehen und die digitale Revolution in Richtung beispielloser Formen des Überwachungskapitalismus voranzutreiben.

Diese Diagnose haben 14 renommierte Forscher*innen von beiden Seiten des Atlantiks ihrem Manifest „In Defence of Democracy and the Rule of Law in the Age of ‚Artificial Intelligence‘“ vom 14. Juni 2021 vorangestellt. Es richtet sich sowohl an die US-amerikanische als auch an die europäische Führung und hat eine eindeutig politische Stoßrichtung. Das Manifest konstatiert eine systemische Herausforderung für die westlichen Demokratien, die von der hegemonialen Macht der Technologie-Konzerne und einer zentralisierten Steuerung von Künstlicher Intelligenz ausgeht. Es appelliert an beide Seiten des Atlantiks, gemeinsam die Demokratie gegen den Rückfall in einen digitalen Autoritarismus zu verteidigen.

Die Unterzeichner*innen des Manifests sind sich einig: Technologische Lösungen dürfen nicht die Demokratie ersetzen. Der unregulierte Einsatz dieser Technologien führt zu einer Entmachtung der Bürger*innen, die die Mittel für eine effektive Selbstverwaltung verlieren. Er verschärft die Ungleichheit und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie. Der Befund wiegt schwer: „The challenges to institutions, laws, and democratic processes — combined with the litany of claims that unregulated business interests can better address global challenges than democracy— have weakened trust in democracy and played into the hands of authoritarianism.“

Die Entscheidung darüber, wie KI-Systeme und ihre Kontrolle zu regeln sind, darf nicht Wirtschaftsakteuren und einigen wenigen Mega-Konzernen überlassen bleiben, sondern gehört in die Parlamente. Dazu fordert das Manifest den Aufbau einer demokratischen und informierten Gegenmacht, die von staatlichen Behörden (z. B. Verbraucherschutz-, Datenschutz- oder Wettbewerbsbehörden), nichtstaatlichen Einrichtungen der Zivilgesellschaft (z. B. Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und freie Presse) bis zu den Bürger*innen reichen muss. Eine solche Stärkung kann durch unabhängige Expert*innen erfolgen, die einerseits Lücken im Technologieverständnis der Regierungen schließen und andererseits sich vertraut machen mit der Komplexität von Entscheidungsprozessen in repräsentativen Demokratien.

Zu den Forderungen, die gleich am Anfang stehen, gehören ein fairer Wettbewerb, eine Stärkung der Aufsichtsbehörden und ein wirksame Besteuerung, aber auch eine gemeinwohlorientierte Datenverwaltung. Mit dem Zusatz, dass verhaltensbezogene und biometrische Daten nicht zum Trainieren von KI-Systemen verwendet werden dürfen. Sie fordern einen Rahmen, innerhalb dessen eine unabhängige Presse sowie unabhängige akademische und zivilgesellschaftliche Organisationen die sozialen Auswirkungen der neuen Technologien thematisieren und erforschen können. Allein die Forderung zeigt, dass dies nicht mehr selbstverständlich zu sein scheint. Als weitere Punkte nennt das Manifest u. a. ein wertebasiertes Technologiedesign, eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung sowie den Kampf gegen den digitalen Autoritarismus.

Initiiert wurde das Manifest von Paul Nemitz, Hauptberater für Justizpolitik in der Europäischen Kommission und Gastprofessor für Recht am Europakolleg. Beteiligt waren u. a. Koryphäen wie Laurence Lessig, der Vater des „Creative Commons“-Standards oder Sarah Spiekermann-Hoff, Leiterin des Instituts für Wirtschaftsinformatik & Gesellschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU Wien).

Screenshot der Manifest-Website