Was ist eigentlich Spielkultur?
Spielwelten – interaktiv, digital und vernetzt
Was ist eigentlich Spielkultur?
Der Begriff „digitale Spielkultur“ ist in Fachkreisen bereits etabliert. Doch sucht man nach einer allgemeineren Bedeutung von Spielkultur, die die Vielfalt von Spiel beschreibt, entsteht schnell ein weißer Fleck. Bedeutet dies, dass es keine andere Spielkultur gibt? Oder ist es selbstverständlich, dass Spiel Teil von Kultur ist und weitere Gedanken darüber obsolet sind?
Spiel und Kultur
Für den Kulturhistoriker Johan Huizinga war Spiel der Ausgangspunkt allen künstlerischen Schaffens. Der Mensch tritt in die jeweiligen Spielwelten ein und sie geben ihm die Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken, in die Metamorphosen kreativer Ausdrucksfähig keit einzutauchen und sie zu kultivieren. Die Spielwelten sind selbstbestimmt, immer von den Spieler*innen selbst konstruiert und unterliegen der Freiwilligkeit. Alles andere ist kein Spiel.
Nach Clifford Geertz ist Kultur ein „selbstgesponnenes Bedeutungsgewebe“, das ständigen Umdeutungen und Neuinterpretationen unterliegt. Betrachtet man die unglaubliche Vielfalt spielerischer Aktivitäten, Vermischungen und Vernetzungen von Spielprinzipien, Neuentwicklungen und räumlichen Anwendungen, ist eindeutig: Spiel ist eine kulturelle Praktik und kann als weitgefächerte Spielkultur gewertet werden.
Transmedialität der Spielkultur
In der „digitalen Spielkultur“ werden vor allem drei Merkmale herausgestellt: Interaktivität, Digitalität und Vernetzung. Neben der personalen Interaktivität aller Mitspielenden von Angesicht zu Angesicht setzen sich in vielen Spielformen interaktive Hilfsmittel durch: Brettspiele, Stadtrallyes und Rätselspiele sind mit Apps und digitalen Anwendungen verknüpft. Damit geht einher, dass analoges Spiel nicht nur digital präsent, sondern Digitales im analogen Spiel kaum noch wegzudenken ist, etwa in Form von spielbegleitenden Online-Tutorials für Spielaktionen oder von Social-Media-Kanälen mit Spielideen. Spielwelten sind intermedial vernetzt (Brettspiele – Serien – Computerspiele – Spielevents). Es bilden sich aber auch vernetzte Communitys mit eigenen kulturellen Praktiken.
Ästhetik der Spielkultur
Diese vielen Spielkulturen teilen sich ästhetische Merkmale. Bei Rollenspielen und Cosplay erscheinen diese offensichtlich, aber auch andere Subkulturen teilen sich ästhetische Codes und Handlungsrepertoires. Ein weiteres Merkmal von Spielkultur ist somit die Ästhetisierung und eine bildliche Ebene kultureller Praktiken.
Die Akademie der Kulturellen Bildung betrachtet die Verwendung des Begriffs Spielkultur unter Aspekten der Wandelbarkeit, Vernetztheit und den kulturellen Praktiken von Menschen – jene, die spielen, Spiel initiieren, inszenieren, analysieren, vertreten, verhandeln und interpretieren. Es ist ein Verständnis, das auf der Metaebene Merkmale und Phänomene spielerischer Ausdrucksweisen im stetigen Wandel beschreibt, ohne sie dabei festzulegen.
Pädagogik in der Spielkultur
Die Pädagogik kann mit Spielkultur Resonanzräume für Menschen schaffen, damit sie sich spielerisch ausprobieren, einen kulturellen Ausdruck finden und sich gleichzeitig Wissen über strukturierende Merkmale der Spielkultur aneignen können. Der Mensch ist somit Teil und aktiver Gestalter eines spielkulturellen Bedeutungsgewebes.
Die nächste Grundkursphase der „Qualifizierung Spielkultur“ startet im Februar 2023. Jetzt >> hier anmelden.
Autor*innen: Susanne Endres und Nadine Rousseau